Obwohl stichhaltige Argumente für Tierversuche in der Kosmetikindustrie fehlen, existieren weiterhin gewisse Umstände, die diese Praxis ermöglichen. Das bestehende EU-Verbot von Tierversuchen in der Kosmetik kann aufgrund von Gesetzeslücken und sich überschneidenden Zuständigkeiten umgangen werden.
Im Rahmen der Chemikalienverordnung REACH[2] müssen bestimmte Inhaltsstoffe an Tieren getestet werden, wenn sie als gefährlich angesehen werden oder eine Risikobewertung für die Umwelt erfordern. Darüber hinaus schreibt die Gesetzgebung Tierversuche vor, wenn Chemikalien nicht ausschließlich in Kosmetikprodukten verwendet werden, sondern auch in Alltagsgegenständen wie Wandfarben oder Reinigern zu finden sind. Diese Regelungen schaffen umfassende Ausnahmen für kosmetische Inhaltsstoffe, wodurch sie unter die REACH-Verordnung fallen.
Obwohl Tierversuche für Kosmetikprodukte in der EU verboten sind, werden sie in anderen Ländern weiterhin praktiziert. Die EU kann also nur begrenzt kontrollieren, ob Tierversuche im Ausland durchgeführt wurden, da das Verbot nur für die von der EU vorgeschriebenen Sicherheitstests gilt. Unternehmen müssen dabei nicht offenlegen, ob andere Inhaltsstoffe außerhalb der EU an Tieren getestet wurden, weshalb eine lückenlose Überprüfung auf Tierversuchsfreiheit kaum möglich ist.
In Ländern wie China oder Russland sind Tierversuche in der Kosmetik zudem erlaubt bzw. sogar vorgeschrieben. Um Produkte auf dem chinesischen Markt zu verkaufen, müssen Unternehmen diese bei einer Registrierungsbehörde anmelden, die wiederum Tierversuche veranlasst. Obwohl diese Tests kostspielig sind, rentieren sie sich aufgrund des hohen Marktpotenzials. Unternehmen, die wirtschaftlichen Gewinn erbringen wollen, nehmen daher wissentlich Tierversuche in Kauf.
Trotzdem gibt es auch in China positive Entwicklungen: Seit 2021 dürfen ausländische Produkte, die als herkömmliche Kosmetik (Non Special Use) eingestuft werden, ohne Tierversuche in China verkauft werden. Kosmetik für besondere Zwecke (Special Use) wie Sonnenschutzmittel, Haarfärbemittel und Produkte mit medizinischen Wirkstoffen müssen jedoch weiterhin Tierversuche durchlaufen.